Schnell den Rucksack packen und schon sassen wir im Auto zum Flughafen. Auf meiner Weiterreise durch Peru war ich nicht allein. Sarah, eine Physiotherapeutin aus England, die für zwei Monaten bei Runaperu gearbeitet hat, wollte mit mir gemeinsam zum Machu Picchu und so den touristischen Teil Perus entdecken. Das Flugzeug war pünktlich. Bevor wir nach Cusco weiter reisten, gab es einen Zwischenstopp in Lima, der Hauptstadt des Landes. Mit einer Bevölkerung von rund 7 Millionen Menschen, ist die Stadt so gut Verkehrsknotenpunkt, als auch wichtigster Wirtschafts- und Kulturzentrum des Anden-Staates. Der Besuch der Hauptstadt beschränkte sich auf einen Tag und wurde dank eines netten italo-peruanischen Taxifahrers ein Erlebnis. Den ganzen Tag kutschierte er uns durch Lima, stieg gemeinsam mit uns an den wichtigsten Stellen aus und teilte uns mit, was er so über die Hauptstadt Perus wusste. Der Tag war gerettet, denn die Stadt ist nicht besonders anziehend.
Gleich am nächsten Tag sassen wir wieder im Flugzeug, Richtung Cusco. Der Touristenandrang am Flughafen war enorm. Juli und August sind Hochsaison in diesen Teilen Perus und so wimmelte es von knalligen T-shirts, abfedernden Gehstöcken und Ultralight-Hosen. Nach der Zeit in Montero, zwischen den Einheimischen erschien mir dieses Bild wie eine Ernücheterung und es sollte nicht besser werden. Nach zwei Stunden Flug, wurde die Masse von Touristen in Cusco freigelassen. Zusammen mit ihnen begaben auch wir uns auf Erkundungstour, der ehemaligen Hauptstadt der Inkas und stellten mit Schrecken fest, dass sogut die Italien, als auch die Chinesen und Inder hier Fuss gefasst hatten. Pizza, Cappuccino, Hähnchen süss-sauer und Yoga. Nichts fehlte in Cuzco, ausser etwas Authentizität.
Gelegen auf einer Höhe von rund 3500 Metern, war Cusco im Jahr 1200 der Ausgangspunkt des Inkareiches. Der “Nabel der Welt” (Bedeutung des Names Cusco in Quechua) fand ihren Höhepunkt um etwa 1520 in einem riesigen Reich, das sich von Kolumbien bis Chile und Argentinien erstreckte. Kurze Zeit später, im Jahr 1532, wurde die Stadt von Pizarro erobert und geplündert. Gold und Silber wurde eingeschmolzen, Tempel und Paläste abgerissen und zum Bau von Kolonialbauten benutzt. Durch die Gründung der Stadt Lima, die später die vorherrschende Hauptstadt wurde, verlor Cusco an jeglicher Bedeutung. Sie wurde erst dann wieder bekannt, als im Jahr 1911 die verborgene Stadt Machu Picchu entdeckt wurde, und sich so zum grössten Touristenzentrum in Peru entwickelte. Als Ausgangspunkt zur weltbekannten Inkastadt wurde 1983 in die Liste der UNESCO-Welterbestätten aufgenommen.
Auch wir wollten diese Stadt in den peruanischen Anden erkunden. Bis zum Aufbruch gab es einiges zu organisieren. Eintritttickets im voraus bestellen, Zug buchen, Hostel, Bus. All dies nahm mehrere Tage in Anspruch. Neben der Organisation erkundeten meine englische Freundin und ich die umliegenden Gebiete von Cusco. Auf einer Höhe von 3500 Meter Höhe erwies sich dies schwerer als gedacht. Bereits das Erklimmen der Treppen trieb mir den Schweiss auf die Stirn und liess mich tiefer atmen. Sacsayhuman, wie als auch Tambo Machay, Kenko und Puka Pukara hatten wir uns vorgenommen. Ob ehemalige Festung, Wasserheiligtum oder Festplatz, alle Inkaruinen sind gut erhalten und erlauben einem einen Einblick in die Architektur, den Glauben und die Kultur der Inkas.
Etwa eine Stunde entfernt von Cusco liegt Pisac, eine ehemalige Inkastadt mit Befestigungsmauer, Toren und Bastionen, einem riesigen Friedhof und unzähligen Terrassen. Nach einer einstündigen Erklimmung erreichten wir auch hier den höchsten Punkt, waren überglücklich angekommen zu sein und genossen eine atemberaubende Sicht über das “Heilige Tal”. Pisac, wie auch Cusco, war sehr touristisch. Pizzas, farbig gekleidete Wanderer und ein indischer Laden, der seine Besucher zum Hinduismus führen will. Ich konnte nur stauenen. Auf dem Weg zurück nach Cusco wurden wir deshalb umso mehr von der wundervollen Landschaft und der Offenherzigkeit der Menschen verwöhnt. Zusammen mit sechs Peruanern schaukelten an diesem Abend zurück nach Cusco, begelietet durch die laut tobende Salsamusik des Radiosenders.
Sehr früh ging es am nächsten Tag los, halb sechs an der Busstation “Quillabamba”. Eine eher untouristische Gegend in Cusco. Wo genau der “collectivo” nach Santa Maria abfahren sollte wusste keiner. Wir huschten von einer Station zur anderen, mit uns eine Horde Peruaner die an diesem Tag das gleiche Ziel hatten. Ein Fahrer schlug einen zu hohen Preis vor, niemand wollte mit. Wir schlossen uns der Mehrheit an. Und dann doch; der Fahrer senkte den Preis und wir rannten zum Wagen. Gedrängel, Schreie, schnell das Bein in den Wagen heben. Ich erhaschte einen Platz in der Mitte des Gefährts, die Engländerin hatte es auch geschafft. Fünf Stunden Fahrt. Durch Täler, entlang des Urabambas (Name des Flusses), hinauf bis zu einer Höhe von 4000 m und wieder abwärts nach Santa Maria, ein kleines staubiges Örtchen, das gerade mal auf 1200 m leigt. Nach zwei weiteren collectivos erreichten wir an diesem Tag die hydroelectrica von wo aus wir dann noch mal 2 1/2 Stunden zu Fuss entlang der Zugschienen unseren Weg nach Aguas Calientes (Dorf am Fuss des Machu Picchu) suchten. Hier waren wir nicht allein, Ultralight Hosen, Gehstöcke und Rucksäcke. Eine Schulklasse, ein älteres Paar, sowie eine Gruppe von Freunden begleiteten uns. Immer wieder kamen neue Leute hinzu, andere kamen uns entgegen. Als letzter Teil des “Inka Trails” ist dieser Weg nach Machu Picchu sehr bekannt und gilt als Alternative zum traditionnellen Weg, den man sonst per Zug zurücklegt. Die Landschaft um uns; einfach nur schön und friedlich. Hohe Felswände, das Rauschen des Flusses, tropische Vegetation und tiefblauer Himmel. Schliesslich erreichten wir am frühen Abend Aguas Calientes, die Stadt am Fuss des Machu Picchus. Dem Aufstieg, am nächsten Tag, stand nichts mehr bevor.
Wolken, Nebel, Regen. Busse vollgepackt mit Touristen und eine Warteschlange. Wir waren vor den Toren Machu Picchus angekommen. Auch für uns galt es anstellen und mit der Menschenmasse hineinschreiten in eines der 7 Weltwunder. Langsam bewegten wir über die oberen Terrassen der ehemaligen Inkastadt und hofften drauf, dass sich der Nebel bald auflösen wird. Viel war noch nicht zu sehen von dieser sagenumwobenen Stadt. Erfahren konnten wir umsomehr.
So erklärte uns der Touristenführer, dass die Inkas diese Stadt im 15. Jahrhundert auf einer Höhe von ungefähr 2400 Metern errichtet haben. Gelegen zwischen den Bergen Huayana Picchu und des Berges gleichen Namens, Machu Picchu, konnte sie in ihrer Hochblüte bis zu 1000 Menschen beherbergen und versorgen. Aufgebaut in Form von unterschiedlichen Gesteinsbauten, welche auf Terrassen verteilt und durch Treppen verbunden waren, besitzt sie heute noch eine funktionsfähige Wasserversorgung. Man nimmt an, dass sich Machu Picchu zur Zeit der spanischen Eroberung noch im Bau befunden haben soll. Aus diesem Grund soll die Anlage blitzartig von den Inkas verlassen worden und in Vergessenheit geraten sein. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts wurde sie von einer Expedition der Yale University per Zufall entdeckt.
Wo war sie denn diese sagenumwobende Stad? Jeder wartete gespannt. Erste Fotos, ein Blick in die Ferne. Ein Stück des blauen Himmels. Es sollte nur noch einige Minuten dauern, wurde uns vergewissert. Und so kam es auch. Die Wolken brachen auf, der Nebel hob sich, der Regen hörte auf. Die Ruinen lagen uns zu Füssen. Die Sonnenstrahlen fielen auf die Ruinen, die einzelnen Terrassen und die grünschimmernde Wiese und liessen den Ort magisch erscheinen. Noch fühlte ich mich unbeobachtet und konnte den Moment geniessen. Es war noch früh und die meisten Touristen noch am Frühstückstisch. Dies sollte sich jedoch schnell ändern. In den nächsten Stunden füllte sich die Anlage. Nirgends konnte man einen Platz finden, ohne irgendwelche farbigschimmernden Hemden und Hosen zu sehen. Machu Picchu ist eines der wichtigsten Touristenatraktionen Südamerikas und wird täglich von rund 2000 Personen besucht. Der Andrang war enorm, die Stimmung alles andere als geheimnisvoll. Zusammen mit der Touristenschar schlenderten Sarah und ich durch die Ruinen, liessen uns hin und wieder nieder und versuchten so gut es ging das Treiben um uns herum zu vergessen. Die Fotoapparate klickten, die besten Sichtweisen wurden ausprobiert, die tollsten Einstellungen gemacht und zwischendurch noch die, extra angesiedeleten, Lamas gekrault. Das Spektakel war perfekt und der Besuch des Machu Picchu für uns so gut wie erledigt. Kurz nach mittag verliessen wir die Ruinen und machten uns mit dem Zug auf den Rückweg. Müde und hungrig erreichten wir Cusco, wurden offenherzig begrüsst und huschten ins Bett. Die wichtigste Sehenswürdigkeit Perus hatte ich also gesehen, wohl mit meinen Augen, doch nicht mit meinem Herzen.
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