Der Aufenthalt in Kolumbien war anders als alle anderen. Dies hing damit zusammen, dass ich in Bogotà mit einer kolumbianischen Familie zusammenlebte, die mich seit dem ersten Tag in ihre Familie aufnahmen und mich behüteten wie ein kleines Kind. Sei es Roxana, die mit mir zum Bus ging, oder Alberto, der mich ab und zu anrief um auch nur sicher zu gehen, dass alles in Ordnung war. Die Familie, bestehend aus Roxana, Luis-Alberto und dem 14-jährigen Sohn, David sind während meiner Zeit in Bogotà meine “Ersatzfamilie” gewesen, und ich muss zugeben, ich habe die Zeit in ihrer Gesellschaft geliebt. Sie haben sich nicht gescheut mir ihre Stadt und ihre Umgebung zu zeigen. Sei es durch den Besuch einer Austellung zu den unterschiedlichen Völkern Kolumbiens, durch die Entdeckung des lokalen Markets und der kolumbianischen Küche, als auch die Visite historischer Orte.
Der Aufenthalt fing sofort mit “comida colombiana” an. Gleich am zweiten Tag standen wir an den unterschiedlichen Ständen der “ALIMENTEC”, einer riesigen Ausstellung zum Thema “Ernährung und Kultur Kolumbiens”. Alles musste ich kosten, an allem nippen und gleichzeit eine neue Sprache verstehen. Der Besuch der Austellung wurde zum Erlebnis meiner Sinne, sogut der Geschmacks- als auch Gehörsinn. Mit der Zeit stand ich allzuoft neben Roxana in der Küche und fragte sie auf italo-spanisch aus, was sie denn so vorbereitet und gerne liess sie mich mithelfen. Eines ist sicher, die Kolumbianer essen viel, fettig und nahrhaft. So war ich überrascht als zum Früstück eine dicke Kartoffelsuppe mit Maiswaffel (Arepas) und Käse vor mir auf dem Tisch stand. Ein ganz normales kolumbianisches Frühstück, wurde mir versichert. Und es sollte nicht leichter werden. Denn zwischen den Hauptmahlzeiten, geniessen die Kolumbianer gerne noch “collazionas”, kleine Zwischenmahlzeiten, bestehend aus Kuchen, Torten oder gesalzte Snacks und Würsten. Fleisch und Milchprodukte stehen ganz oben auf der Speisekarte und die Getränke sind entweder “Jugos” (Säfte mit Wasser oder Milch) oder Limonaden. Hungrig geht man nicht vom Tisch, das ist sicher. Bogotà, gelegen auf einem Altiplano in einer Höhe von rund 2500 Metern, beherbergt ganzjährig ein gemässigtes Klima. Mit einer Durchschnittstemperatur zwischen 15°C und 18°C und genügend Niederschlag sind hier Milch- und Fleischproduktion, des Klimas wegen, kein Risiko. Hinzu kommt, dass die Umgebung Bogotàs als Frucht- und Gemüsegarten der Stadt funktionniert. Mit drei Ernten jährlich, profitieren die Bogotaner von einer sehr grossen Auswahl und dies zu günstigen Preisen.
Neben der Kochschule zuhause, besuchte ich in Bogotà eine Spanisch-schule. Ich wollte herausfinden wie schnell ich diese Sprache, die dem Italienischen ähnelt, lernen konnte. Die Schule, gelegen in einem netten Viertel Bogotas, war viel besucht. In meiner Gruppe, ein Engländer, eine US- Amerikanerin, zwei Holländer, eine schweizer und die junge Spanischlehrerin, die hochmotiviert versuchte, uns mit der spanischen Grammatik vertraut zu machen. Die Stunde verflog, die Grammatik hinterliess so manche Fragen und noch mehr Verwirrungen. Hinzu kam ein variertes Vokabular, eine neue Ausprache und reichlich kolumbianischen Kaffee, der den Studenten kostenlos angeboten wurde. Zwei Wochen besuchte ich die Schule, lernte neue Leute kennen, erfuhr, dass die Koreaner einen anderen Kalender anwenden als der Rest der Welt und konnte sogar meine Salsaschritte verfeinern. Mein Pseudospanisch hat Fortschritte gemacht und so konnte ich mich ohne weitere Probleme mit meiner Familie und hin und wieder mit den Taxifahrern unterhalten und korrekt den Weg nach Hause beschreiben.
Taxi fahren in Bogotà ist anders als in den andern Ländern, die wir besucht haben, denn in vielen Städten mussten wir mit dem Fahrer über den Fahrtpreis verhandeln. Hier verhält dies sich anders, denn der spannende Teil der Fahrt, liegt vor dem eigentlichen Einstieg in den Wagen. Denn in Bogotà sollte man, wenn es möglich ist, ein Taxi per Telefon bestellen, denn man kann nie wissen wer da im Auto sitzt und dich herumfährt. So machte auch ich dies, lies meinem italo-spanisch freien Lauf und die Taxis tauchten auch da auf wo sie sollten. Über den Preis wurde nicht diskutiert, eher über die Herkunft, über meine Eindrücke und die Neugierde warum ich denn überhaupt in dieser Stadt bin.
Über Kolumbien und Bogotà hört man viel und leider nicht viel Gutes. Die Wörter “Drogen”, “Entführung” oder “gefährlich” kommen den meisten über die Lippen wenn sie von diesem Land sprechen. Auch ich war skeptisch bevor ich diese Stadt besuchte und wollte mich nicht damit abfinden, dass das Leben dort unmöglich ist. Einige Vorsichtsmass-nahmen muss man hinnehmen, wenn man nach Bogotà kommt. Am besten man ist zuhause bevor es dunkel wird, man trägt als Frau keinen auffälligen Schmuck und versucht so gut wie möglich nicht mit teueren Kleidern oder Foto- und Filmmaterial offen herumzulaufen. Taxis bestellt man. Davon abgesehen, sind die Einblicke und Eindrücke sehr positiv. Taxisfahrer die versuchen auf Deutsch zu sprechen und vor der Haustür warten bevor man auch sicher eingetreten ist, Menschen, die einem mit Händen und Füssen den richtigen Weg zeigen, Leute, die gerne ihre Mittagspause mit dir verbringen um dir noch mehr kolumbianische Spezialitäten zu zeigen und andere die sich einen ganzen Tag Zeit nehmen und mit dir die Umgebung Bogotàs erkunden. “Muchos amables”, sehr offenherzig und aufgeschlossen, sind die Kolumbianer, die ich getroffen habe. Und stetig ein Lächeln auf den Lippen.
Natürlich geht es nicht allen gleich gut. Kolumbien, genau wie Peru grenzen die indigene Bevölkerung stark aus. So sieht man regelmässig Frauen mit langen schwarzen Haaren, traditionnellen Trachten und barfuss, mit ihren Kindern in den Strassen sitzen, um zu betteln. Obwohl die Existenz der 85 indigenen Völker in der Verfassung von 1991 anerkannt wurde, gelingt es den Indigenen Kolumbiens nicht ihre territoriale als auch kulturelle Anerkennung durchzusetzen. So verlangt das Ansehen indigener Sprachen als Amtsprachen, als auch den Zugang zu Bildung und Arbeit noch viel politische Arbeit. Die indigene Bevölkerung Kolumbiens hat inbesondere unter den Auswirkungen des Bürgerkrieges zwischen Guerilla, Paramilitärs und Armee und der ständig herrschenden Gewalt zu leiden. Indigene werden so zu Internen Vertriebenen und kämpfen in den grossen Städten ums Überleben.
Als Hauptstadt des Landes Kolumbiens, beherbergt Bogotà 6,8 Millionen Menschen und ist so der grösste urbane Ballungsraum des Landes. Ausserdem ist sie eine der am schnellsten wachsenden Metropolen Südamerikas und ist gleichzeitig Verkehrsknotenpunkt, sowie wichtiges Wirtschafts- und Kulturzentrum Kolumbiens. Zwei Wochen lang konnte ich das Leben der Kolumbianer teilen, mit ihnen den Bus nehmen, mit ihnen zur Arbeit und zur Schulen spazieren, im Stau festsitzen und die Zeitung lesen. Bogotà leben und erleben, bevor es jetzt heisst; zurück nach Luxemburg.
Die letzten Eindrücke dieser langen Reise findet ihr in der folgenden Fotogallerie. Hasta luego.