Hanoi und etwas mehr – Von Halong Bay bis Ninh Binh

Graue Wolken, kalter Wind und Regen; so empfing uns Vietnam als wir anfang Januar am Flughafen Hanois landeten. Hanoi, übersetzt “Stadt innerhalb des Flusses” ist seit 1976 die Hauptstadt der vereinten Vietnams und wird vom “Roten Fluss” durchströmt. Mit einer Bevölkerung von rund 6,5 Millionen Einwohnern ist sie die zweitgrösste Stadt des Landes, nach Ho-Chi-Minh City. Gelegen im nördlichen Teil des Landes, war sie zwischen 1902 und 1976 zuerst die Hauptstadt von Indochina und anschliessend dessen vom kommunistischen Nordvietnam.

Die ganze Begeisterung ein neues Land kennenzulernen war mit einem Schlag weg. Schlimmer wurde es noch als wir durch die Aussenviertel der Hauptstadt fuhren und feststellen mussten,  wie hart die Lebensbedingungen hier sein mussten. Kleine Blechhütten, schlecht asphaltierte Strassen, Büffel die Karren ziehen, freilaufende Kühe und Hunde, Frauen die sich gebückt und barfuss durch den Schlamm der Reisfelder kämpften.

Es war eine andere Welt. Und das ganze unterstützt durch den unaufhörlichen Lärm der an uns vorbeirasenden Mopeds. Immer wieder, von allen Seiten wurden wir überholt und mal hier oder da auf eine andere Spur gedrückt. Die Gespäche im Auto blieben aus. Der Fahrer sprach so gut wie kein English. Aber auch wir hatten keine Lust uns zu unterhalten, denn ganz gespannt schauten wir aus dem Fenster um die neue Welt, in der wir während eines Monats leben sollen, kennenzulernen.

Dann der Schock; an uns fuhr ein Moped vorbei, das auf seinem hinteren Teil einen grossen Käfig voller Hunde transportierte. Die Hunde waren so stark zusammengedrückt, so dass ihre Augen und Ohren an die Käfigwande gedrückt wurden. Uns blieb das Herz stehen. Wir wussten nicht wie wir diesen Anblick in Worte fassen sollten. Und so blieb es den ganzen Weg über, totenstill. Wir konnten es nicht fassen und schon gar nicht tolerieren. Was würden wir während unseres Aufenthalts noch mit ansehen müssen? Würden wir das ertragen? Wie können wir das mit unseren Wertvorstellunegn vereinbaren? Viele Fragen und keine Antworten!

Nach einer guten Stunde kamen wir schlussendlich im Stadtzentrum Hanois an. Schmal hochgebaute Häuse, im französischem Styl, schmücken die Strassenränder. Kleine Geschäfte, Restaurants, Reiseveranstalter zogen an uns vorbei als wir die engen Gassen des alten Viertels hineinfuhren. Schnell aussteigen, sich vor den vorbei rasenden Mopeds in Acht nehmen und schnell hinein in unsere neue Bleibe. Dann, nichts, gar nichts. Wir fanden keine Wörter. Hanoi, hat uns einfach nur erschlagen. War es das schlechte Wetter, der Käfig mit den Hunden, der unaufhörliche Lärm der Mopeds, der Gestank in den Strassen. Wir wussten es nicht. Was wir wussten, ist dass wir eine Zeit brauchen würden um uns hier wohl zu fühlen.

Wohlfülen in einer Stadt, wo man jede Sekunde aufpassen muss, nicht von einem Mopedfahrer umgerannt zu werden, wo man immer drauf gefasst  sein muss nicht übers Ohr gehauen zu werden, wo man seinen Blick nicht zu weit schweifen lässt, aus Angst etwas zu entdecken was man überhaupt nicht sehen will. Obwohl uns es anfangs schwer viel trauten wir uns nach und nach weiter hinaus in das Strassengewirr, wurden Stammgast in dem einem oder anderen Laden, schauten uns eine Pagode an, sowie andere Sehenswürdigkeiten und lernten den richtigen Moment herauszufinden um die andere Strassenseite zu erreichen.

Hanoi wurde uns nach und nach zugänglicher. Die Leute weniger. Dabei haben wir festgestellt, dass die Nordvietnamesen ziemlich distanziert sind, immer auf der Hut und immer bedacht ein gutes Geschäft zu machen, dies zumal in den Gassen der Altstadt. Das alte Viertel, gelegen am Hoan Kiem See, beherbergt die ehemalige urbane Struktur und Architektur der Stadt. Anfang des 20. Jahrhundert bestand die Stadt aus nur 36 Strassen, welche heute noch zum alten Viertel gehören.  So waren damals die Strassen nach unterschiedlichen Gewerben aufgeteilt,  worauf auch noch die heutigen Strassennamrn hinweisen. Heute ist das Angebot der Waren in jeder Strasse umso variierter.

Rund drei Stunden Autofahrt von Hanoi entfernt liegt die Halong Bucht, die kein Tourist bei seinem Vietnamaufenthalt verpassen sollte. Einmal angekommen landeten wir an einem überfüllten Hafen. Hier musste  man Reihe stehen um zu den Boten zu kommen. Um den Norden Vietnams kennenzulernen hatten wir eine Tour gebucht. Unser Reiseführer hatte sich eifrig ins Zeug gelegt und wir sassen dann auch recht schnell auf einem Schiff, mit Ausblick auf die Bucht. Das Schiff setzte sich in Bewegung und wir fuhren vorbei an den Kalkfelsen sowie kleinen Inseln. Die Bucht, oder Vinh Ha Long auf vietnamesisch ist ein 1500 Quadratkilometer grosses Gebiet im Nordosten des Landes, gelegen im Golf von Tonkin. Das im Holozän versunkene Steinplateau (Karst) liess eine durch Kalkfelsen durchsetzte Meereslandschaft entstehen. Viele der Kalkfelsen sind dicht bewaldet und die inneren Kalksteinhöhlen sind für den Besucher teilweise nur bei Ebbe erreichbar.

Der Besuch der Bucht hinterliess einen ganz besonderen Eindruck. Das labyrinthartige Gebiet, durchsetzt mit hohen Felsen, wirkte sehr mystisch, da die ganze Landschaft in dicke Nebelschwaden getaucht wurde. Auf unserer “Schiffsbutterfahrt” schipperten wir durch alle möglichen Ecken und konnten unsere Augen mit abermals vielen Kalkfelsen füllen und uns vorstellen wie bedrohliche Piratenbote hier in der Zeit um die versteckten Schätze kämpften.

Die Reise im Norden Vietnams ging in der Provinz von Ninh Binh weiter. Etwa 300 km südwestlich der Halong Bucht wurden wir an die Geschichte und die tropische Pflanzenwelt des Landes herangeführt. Wandern im tropischen Regenwald des Nationalparks Cuc Phuong, so stand es auf dem Programm.  Der 22 200 Quadratkilometer grosse Park wurde 1962 als erster Nationalpark in Vietnam eröffnet und ist heute der sechstgrösste Park des Landes. Er beherbergt eine grosse Vielfalt an Säugetieren, Vogelarten, Reptilien und Insekten und besitzt so eine besondere Wichtigkeit im Tier- und Naturschutz in Vietnam.

Vor Augen; Riesenspinnen, exotische Würmer und Megaschlangen. Wir waren schon nervös. Die Wanderung begann mit einem Mittagessen, ohne Schlange und ohne Würmer. Dann traten wir ein in diesen Wald. Riesige Blätter, ineinander geschlungene Baumstämme und Äste schossen uns in die Augen. Bäume hundert Mal so dick und so hoch wie die heimischen Bäume, unbekannte Planzen und Blüten und  das ganze begleitet durch einen immerwährenden Nebel, der sich durch den Wald schleicht. Hinzu kamen diese seltsamen Geräuche, ganz unbekannt für einen Mitteleuropärer. Wir schlichen uns hindurch. Unten im Wald, nur wenig oberhalb des Untergrunds fiel nicht viel Licht hinein. Die Pflanzen hatten sich angepasst, wir nicht, denn immer wieder mussten wir Acht geben um nicht über die riesigen Wurzeln der Bäume zu stolpern und doch bei dem einem oder anderen Würmchen im Boden zu landen. Es war aufregend, doch von Spinnen und Würmern war nichts zu sehen. Gottseidank!

Um uns doch mit den Tieren des Urwaldes in Kontakt zu bringen hatten wir die Gelegenheit  das “Endangered Primate Rescue Center” zu besuchen. Gelegen innerhalb des Parks, beherbergt dieses Centre hauptsächlich Primaten (Languren) welche vor jeglicher Quälerei gerettet wurden und hier wieder aufgepepellt werden. Da das Aussetzten der Tiere in die Freiheit zu gefährlich ist, wegen Wilderei, werden diese Tiere das Gehege nicht mehr verlassen können. Als wir an den Käfigen vorbei gingen entdeckten wir die einen oder anderen Affenpärchen, die schwiegsam aneinandergekuschelt in der Ecke sassen. Ein Leben in Gefangenschaft; aber wenigstens nicht allein.

Besonderes Interesse galt auch dem Distrikt Hoa Lua, der ersten Hauptstadt des Dai Co Viet (Name Vietnams im 10. Jahrhundert) unter der Dinh (Ding ausgesprochen) und der Frühen Le (Lé ausgesprochen) Dynastie. Umkreist von eine Kalkfelsenkette bot sie dem Volk in dieser Zeit ein hohes Mass an Sicherheit. Die Zitadelle beherbergte eine grosse Anzahl an Tempeln und Palästen von denen heute leider nur noch sehr wenig übrig ist. Anstelle dieser findet man zwei Tempel die den Königen dieser Zeit gewidmet sind, nämlich Dinh Tien Hoang und Le Dai Hahn. Der Besuch dieser beiden Tempel rundete unsere Erkundungstour im Norden Vietnams ab und dem Weg zurück nach Hanoi stand nichts mehr im Weg.

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